366 Geschichten: Mai 19

366 Geschichten

In Deutschland gibt es Straßenbahnen. Es fahren Busse. Es verkehren Züge. Straßenbahnen fahren auf Schienen, Busse auf Straßen und Züge auf Gleisen.

Züge sind schnell unterwegs. So fahren sie nicht dort, wo auch Autos fahren. Busse und Autos teilen sich die Straße. Straßenbahnen verkehren oft auf Straßen, auf denen auch Autos unterwegs sind.

Da Züge schnell sind, werden sie vom restlichen Verkehr getrennt. Sie fahren allein über Brücken. Sie fahren allein in Tunneln. Wenn sich Züge und Autos queren, sehen die Autofahrer ein Andreaskreuz. Es warnt sie vor dem Schienenverkehr und ermahnt sie, dem Schienenverkehr Vorrang zu gewähren.

Ein Treffen von Auto und Zug verläuft selten glimpflich. Es gibt mindestens Sachschaden. Das Auto ist selten noch zu reparieren. Oft wandert es gleich in die Schrottpresse und der Autobesitzer darf sich ein neues kaufen. Ob es ein Neuwagen oder ein Gebrauchtwagen ist, wäre eine andere Frage.

Oft werden Bahnübergänge gesichert. Es gibt ein Rotlicht und eine Schranke. Manchmal ist es nur eine Halbschranke, mal eine Vollschranke. Halbschranken können umfahren werden. Wer dies tut, begibt sich in Lebensgefahr. Dies sollte jeder Erwachsene wissen. Kinder sollten es lernen.

Kinder können es aber nur lernen, wenn es jemand ihnen erklärt. Wenn keiner bei Rot den Bahnübergang betritt. Wenn sich jeder an Regeln und Gesetze hält. Wer es nicht tut, muss mit einer Strafe rechnen. Wer trotz geschlossener Schranken den Bahnübergang überqueren möchte, muss sich nicht wundern, wenn eine Strafe folgt.

Manchmal ist die Strafe eine Geldstrafe. Sofern ein Polizist dies mitbekommt, darf der Gesetzesbrecher oder die Gesetzesbrecherin zahlen. Doch nicht immer ist ein Polizist in der Nähe. Nicht immer gibt es eine Geldstrafe.

An manchen Bahnübergängen stehen Häuser. Manchmal sind diese privat. Manchmal gehören sie der Bahn. Manchmal stehen sie leer. Manchmal ist die Technik eines Stellwerkes dort installiert.

Die Stellwerktechniker sitzen hoch oben. Sie bekommen kaum mit, was direkt unten passiert. Eigentlich dürfte dort kaum etwas passieren. Normale Personen dürfen dort nicht sein. Normalerweise. Direkt am Stellwerkhaus verläuft ein Schleichweg zum nahegelegenen Bahnhof. Es zählt zur Bahnanlage. Unbefugten ist das Betreten verboten. Was natürlich nicht heißt, dass sich jeder dran hält.

Eine schwarzhaarige Frau sieht, dass die Schranken neben dem Stellwerkhaus sich gerade schließen. Sie schafft es mit ihren Absatzschuhen nicht mehr rechtzeitig hinüber. Normalerweise sollte sie jetzt warten, bis die Schranken wieder aufgehen, doch sie macht es nicht. Sie möchte den nahenden Zug noch erreichen. Sie umgeht die Schranken und läuft am Stellwerkhaus vorbei.

Sie befindet sich gerade unter einem Fenster, als ein Wasserkocher von einem Stellwerktechniker am Fenster entleert wird. Die schwarzhaarige Dame wird nass. Sie flucht. Wie kann es jemanden wagen, sie nass zu machen. Sie laufe hier doch auf einem Schleichweg um die Schranken zu umgehen.

Die Dame flucht. Sie kocht. Dabei bekommt sie nicht mit, dass sich der Zug nähert. Er kommt mit hoher Geschwindigkeit an. Er schiebt die Luft vor sich her. Die Dame bekommt es zu spüren. Sie verliert das Gleichgewicht und fällt hin. Die Strumpfhose bekommt Löcher. Ihren Zug verpasst die Dame. Dies ist wohl die gerechte Strafe, wenn jemand eine geschlossene Schranke umgehen möchte. Vielleicht merkt es sich die Dame und geht beim nächsten Mal rechtzeitig los. Dann schafft sie es noch über den Bahnübergang und kann mit ihrem Zug fahren, ohne zu fluchen, sich zu verletzten oder ihre Kleidung zu beschädigen.

Diese Geschichte ist auch als Buch und eBook verfügbar.