366 Geschichten: September 23

366 Geschichten

Ups, ich habe es schon wieder getan. Ich es einfach nicht lassen kann. Warum muss ich aber auch immer so ein Pech haben. Warum passiert mir das immer?

Ich fahre gern Fahrrad. Schon seit Kindestagen. Mindestens einmal im Monat haben wir früher eine kleine Fahrradtour gemacht. Natürlich nur wenn schönes Wetter war. Im Winter sind wir nahezu gar nicht gefahren. Schnee und Glätte konnten gefährlich werden. Es wurde früher dunkel und es war kalt. Teilweise eisigkalt.

Ab der siebenten Klasse bin ich mit dem Fahrrad zur Schule gefahren. Am frühen Morgen hin und nachmittags zurück. Im Frühling, im Sommer, im Herbst und im Winter. Nur wenn mein Fahrrad kaputt war, dann fuhr ich natürlich nicht. Dann fuhr ich mit Bus und Bahn.

Auch am Wochenende fuhr ich mit dem Rad. Inzwischen ohne meine Eltern. Meistens zu mindestens. Manchmal machten meine Eltern und ich gemeinsam eine Radtour. Oft fuhr ich aber allein zu einem Freund. Er wohnte rund elf Kilometer von mir entfernt. Zu mindestens dann, wenn ich mit Fahrrad fuhr. Die Entfernung von mir zu ihm per Luftlinie war natürlich kürzer. Doch fliegen konnte ich nicht. Zu mindestens nicht so.

Als kleines Kind bin ich oft abgeflogen. Vor allem als ich das Radfahren lernte. Dies ist wohl jedem kleinen Radfahrer passiert. Auch in den Folgejahren flog ich immer wieder. Vor allem im Winter oder wenn es rutschig wurde.

Im Winter kam mir immer wieder die Glätte dazwischen. Ich flog ab, da war ich noch nicht einmal zweihundert Meter von Zuhause fort. Viel passiert ist mir nicht. Blaue Flecken bekam ich selten. Mit kaputten Hosen kam ich nie nach Hause. Die Jeans, die ich trug, hatten eine gute Qualität.

Nur ein paar Handschuhe, die mussten eines Winters dran glauben. Ich fuhr gerade durch die Innenstadt am frühen Morgen. Viele Menschen sah ich nicht. Ich fuhr eine Brücke hinauf. Ich fuhr wieder bergab. Dann eine Linkskurve. Dort flog ich nicht ab. Es ging weiter bergab. Dabei gab es eine leichte S-Kurve. Dort rutschte ich weg. Den Sturz fing ich mit den Händen ab. Das vertrugen meine Handschuhe nicht. Warum sie bei den anderen Stürzen im Winter nicht kaputt gingen, keine Ahnung.

Ich fuhr nicht jedes Wochenende zu meinem Kumpel. Ab und zu machte ich eine Fahrradtour alleine. Es war oft nur eine kleine Radtour von dreißig Kilometern Länge. Zwei Berge musste ich dabei überwinden. Vor allem der zweite Berg war toll. Also ich meine die Abfahrt. Da konnte ich gut rasen. Ich kam auf ein hohes Tempo.

Allerdings passierten mir dort zwei Unfälle. Der erste Unfall ist noch nicht allzulange her. Ich musste bergauf über etwas Spitzes gefahren sein. Noch bevor ich den Berg überwand, verlor mein Reifen Luft. Ich flog hin. All zu viel ist mir nicht passiert. Glücklicherweise. Zu mindestens damals.

Heute fuhr ich wieder die Strecke. Den ersten Berg schaffte ich locker. Keine Probleme, als ich den zweiten Berg hinauf fuhr. Ich konnte auf der Abfahrt wieder schön beschleunigen. Leider war dort wieder ein spitzer Gegenstand. Der Vorderreifen verlor schlagartig Luft. Ich flog bei über vierzig Kilometer pro Stunde ab.

Diesmal hatte ich kein Glück. Ich flog heftig ab. Ein Auto, welches entgegen kam, sah meinen Abflug. Der Autofahrer konnte mir aber nicht mehr helfen. Auch wenn er den Notarzt verständigte, sehr gute erste Hilfe leistete, für mich war es zu spät. Beim Sturz brach ich mir das Genick. Vielleicht hätte einen Helm tragen sollen. Er hätte mich eventuell gerettet. Vielleicht auch nicht. Wer weiß das schon? Sicher ist nur, dass ich jetzt im Himmel Fahrrad fahren kann.

Diese Geschichte ist auch als Buch und eBook verfügbar.