Spiel Dein Leben I

Spiel Dein Leben 1

Es war einmal eine junge Dame. Nennen wir Sie doch einfach Luithild. Luithild hatte gerade Ihr Abitur gemacht und stellte sich nun die Frage: Studieren, oder nicht?

Sie entschied sich, nicht zu studieren. Eine Ausbildung machte Sie aber auch nicht. Sie wurde gleich ein Rockstar. Ein erfolgreicher Rockstar. Jetzt, wo die Schule aus war, konnte Sie Ihrer Leidenschaft nachgehen und bekam monatlich rund dreißigtausend Euro. Davon konnte Sie gut Urlaub machen.

Luithild liebte es, zu reisen. Im ersten Jahr als Rockstar machte Sie eine Amerikareise. Diese konnte Sie sich sehr gut leisten. Schließlich kostete diese nur sechstausend Euro. Darin war alles, was sie brauchte. Übernachtung, Verpflegung und etwas Taschengeld. Doch Sie bekam noch mehr.

In Amerika lernte Sie Ihren Traummann kennen und heiratete ihn nur wenige Monate später, nachdem Sie wieder in Deutschland war. Das danach eine weitere Reise folgte, sollte klar sein. Die Hochzeitsreise war allerdings teurer als die Amerikareise. Viertausend Euro mehr, insgesamt also zehntausend Euro. Dafür war es eine wunderschöne Hochzeitsreise. Wunderschöne Flitterwochen.

Luithild und Ihr Mann wollten ein Haus, wollten Kinder. Ein Haus kauften sich beide und passende Möbel auch. Auch die Möbel waren nicht billig. Während bei anderen selten tausend Euro ausgegeben werden, gaben Luithild und ihr Mann sechstausend Euro für Möbel aus. Das waren dann aber gute, die nicht gleich kaputt gingen.

Möbel für die Kinder gab es noch nicht. Sie ahnten ja nicht, dass Ihr Kinderwunsch nur wenige Monate später erfüllt wurde. Luithild bekam einen Sohn. Doch der war nicht gut fürs Geschäft. Die Plattenbosse, die Ihre Musik verkauften, mochten keine Kinder. Kurzerhand wurde Luithild rausgeschmissen und war arbeitslos, da keine andere Plattenfirma Sie haben wollte.

Luithild musste also umsatteln. Sie wurde nun Versicherungsangestellte nach einer mehrmonatigen Ausbildung. Sie verdiente zwar keine dreißigtausend Euro wie vorher, zwanzigtausend sollten aber vollkommen ausreichen. Nach einigen Monaten hatte sie wieder etwas Geld übrig und kaufte sich eine kleine Kunstsammlung für achtzehntausend Euro zusammen.

Glücklicherweise wurde diese in einem externen Haus im Garten untergebracht. Wäre Sie im Haus verblieben, Sie wäre genauso wie das Haus verbrannt. Luithild hatte aber Glück im Unglück, denn Sie hatte ja eine Versicherung, die den Schaden ersetzte. So bekam Luithild sechzigtausend Euro.

Scheinbar hatte es ein Bekannter nicht mitbekommen, dass Luithild die Kunstsammlung retten konnte, denn Sie bekam eine zweite. Diesmal musste Sie diese nicht bezahlen. Es war ein Geschenk. Ein Geschenk, das einen Wert von rund viertausend Euro hatte.

Luithild hatte nun zwei Kunstsammlung und einiges an Geld. Mit dem Geld investierte Sie immer wieder einmal in Aktien. Mal hatte Sie Glück, mal nicht. Nur ein Jahr nach dem Brand verzockte sich Luithild und hatte einen Verlust von fünfundzwanzigtausend Euro gemacht. Insolvent war Sie trotzdem nicht.

Sollte Sie auch nicht sein, denn Sie bekam ein weiteres Kind. Diesmal war es eine Tochter. Ihr sechsjähriger Sohn hatte jetzt also eine kleine Schwester, um die er sich liebevoll kümmerte. Nicht nur dann, wenn seine Eltern nicht da waren, sondern auch dann, wenn seine Eltern zu Hause waren.

Alt die Tochter ein Jahr alt wurde, kamen Steuerprüfer bei Luithild vorbei. Sie errechneten, dass Luithild zwanzigtausend Euro zu wenige gezahlt hatte. Dies musste Luithild nun nachholen. Schnellstmöglich, sonst würde es eine Strafe geben. Für Luithild aber kein Problem. Noch hatte Sie ja genug Geld.

Und trotzdem gab es immer wieder Geschenke. Von bekannten, von Arbeitskollegen, von anderen Firmen. Nach der Kunstsammlung folgte diesmal ein Flugzeug. Luithild hatte nun einen eigenen Privatjet. Für längere Strecken konnte Sie diesen gut gebrauchen. Für kürzere Strecken reichte das Auto.

Doch das Auto wollte plötzlich nicht mehr. Scheinbar war es allergisch auf den Privatjet und ging kaputt. Eine Reparatur lohnte sich nicht wirklich und ein neues Auto war sowieso fällig. Also wurde gleich ein neues für dreißigtausend gekauft. Dieses hatte aber eine kleine Macke. Meinte zu mindestens Luithild und verklagte den Autohändler, der Ihr das Auto verkaufte. Sie musste durch mehrere Instanzen gehen und gewann trotzdem nicht.

Am Ende beliefen sich die Kosten für den Prozess auf sage und schreibe achtundsiebzigtausend Euro. Es war nicht gerade wenig Geld, doch Luithild konnte es bezahlen. Auch als Sie einmal fliegen musste und Ihr Privatjet in der Werkstatt war. Die tausend Euro für die Nutzung eines gemieteten Flugzeuges konnte Sie also auch noch locker verkraften.

Mittlerweile war Luithilds Sohn erwachsen, und hatte auch schon seine Traumpartnerin gefunden. Eine Hochzeit war fest eingeplant und Luithild sponserte diese. Fünfundzwanzigtausend Euro kostete die gesamte Hochzeit. Es war ein großes Fest und viele Bekannte und Verwandte kamen.

Einige sahen auch Veränderungen bei Luithild. Hatte Sie weniger Falten? Ja, hatte Sie. Eine Schönheitsoperation für dreißigtausend Euro machte es möglich. Luithild sah jünger aus. Doch die Ausgabe war eine große.

Das Vermögen von Luithild und Ihrem Mann sank immer mehr. Mehr und mehr. Das lag unter anderem daran, dass Luithild Verträge unterschrieb, die Sie hätte nicht unterschreiben sollen. Um eine Rockband zu fördern, unterschrieb Sie einen Vertrag und verlor so fünfzigtausend Euro, die die Rockband für ein Video und weitere Marketingmaßnahmen nutzte.

Kurze Zeit war Sie sogar fast pleite und musste eine Ihrer Kunstsammlungen verkaufen. Doch Luithild lernte nichts daraus und unterschrieb trotzdem weitere Verträge, wo Sie das Kleingedruckte nicht las. So kam es, dass Sie für die Rockband ein eigenes Label gründen musste und wieder einmal fünfzigtausend Euro verlor.

Aus Dankbarkeit bekam Sie einige Tage vor der Rente ein zweites Flugzeug geschenkt. Kurze Zeit später setzte sich Luithild zur Ruhe und wollte die letzten Tage Ihres Lebens genießen. Doch das sollte nicht so einfach sein.

Immer wieder kamen Steuerprüfer nach Hause. Sie meinten immer wieder, dass Luithild und Ihr Mann mehr Steuern bezahlen müssen. Mehr und mehr sank Ihr Vermögen. So sehr, dass Sie Ihr haus mit Grundstück verkaufen mussten und auf stattliche Hilfen zurückgriffen. Arm, aber glücklich neben Ihrem Mann, schlief Luithild im Alter von achtundachtzig Jahren für immer ein.