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Titus Schulgeschichten III 15 (Ich bin eine wandernde Sonnenuhr)
Jana hat es nicht leicht. Schulisch gesehen ist sie nicht schlecht. Sie ist jetzt nicht die beste Schülerin. Da gibt es ein paar Schülerinnen, die besser sind. Ein Durchschnitt von Zwei ist aber gut - nicht nur für Jana.
Jana hat ein „Schönheitsproblem“. Anders als bei Kleopatra kann bei Jana keiner sagen, sie hätte eine hübsche Nase. Jana's Nase sieht etwas komisch aus. Gerade gewachsen ist sie nicht. Mich stört das ja nicht. Jana hat eine außergewöhnliche Nase. Jana fällt auf. Viele Schülerinnen und auch Schüler würden gerne auffallen. Sie werden nicht gesehen.
Jana wird gesehen. Von allen. Manche Menschen machen sich über Jana lustig. Das tun nicht nur Schüler und Schülerinnen. Selbst erwachsene Menschen gibt es. Das habe ich selbst gesehen und Jana hat es auch oft erzählt.
Jana sagt wegen ihrer Nase selbst „Ich bin eine wandernde Sonnenuhr“. Das klingt zunächst erst einmal so, als ob sich Jana mit ihrer Nase arrangiert hat. Das hat Jana aber nicht.
Vor ein paar Tagen kamen ihre Eltern in die Schule. Sie wollten wissen, was es zu tun gäbe, wenn Jana für ein paar Tage nicht in die Schule kommen könnte. Die Schulleitung wollte natürlich wissen, warum Jana nicht zur Schule kommen könnte. Ich war zufällig dabei.
Jana wollte eine Schönheitsoperation. Ihre Nase sollte korrigiert werden. Jana war gerade einmal in der zehnten Klasse. Sie war noch nicht einmal sechzehn und wollte schon die erste Schönheitsoperation. Ihre Eltern hatten nichts dagegen. Sie bekamen ja mit, wie oft Jana gehänselt wurde.
Wäre ich an der Stelle von Jana’s Eltern, ich hätte mich vielleicht auch für eine Operation entschieden. Andererseits: Warum? Die Nase macht Jana einmalig. Sie fällt auf. Sie ist ein Stern in der Nacht. Der strahlende Sonnenschein im Leben.
Das waren nicht meine Worte. Jana hatte einen Freund. Es war kein fester Freund. Es war ihr bester Freund. Doch auch beste Freunde erfahren nicht immer alles. Das Jana sich für eine Schönheitsoperation entschied, bekam er erst später mit.
Jana’s bester Freund versuchte Jana umzustimmen. Das hatte er in der Vergangenheit immer wieder getan. Immer wieder sprach Jana an, irgendwann würde sie eine Schönheitsoperation machen. Dann würde keiner mehr hänseln. Das sollte bald so sein.
Am letzten Schultag vor der geplanten Operation, es war ein Freitag, erfuhr Jana’s bester Freund davon. Er versuchte Jana umzustimmen. Für ihn war Jana ein Stern in der Nacht. Für ihn war Jana die Sonne im Leben. In seinem Leben.
Jana wusste nicht, was ihr bester Freund mit den Worten meinte. Jana’s bester Freund gestand Jana seine Liebe. Wenn sie jetzt die Operation machen würde, wären sie keine Freunde mehr. Er wolle lieber eine natürlich-schöne Freundin haben. „Schickimicki-Damen“ gab es genug.
Jana ließ sich nicht beirren. Sie wollte die Nasenoperation. Keiner konnte sie aufhalten. Auch ihr ehemals bester Freund nicht.
Am nächsten Montag kam Jana wieder zur Schule. Die Operation wurde abgesagt. Jana akzeptierte ihre besondere Nase. Allein war sie nicht. Ihr bester Freund war an ihrer Seite. Nun war er aber nicht mehr nur der beste Freund. Er war der feste Freund von Jana. Hand in Hand kamen sie am Montag in die Schule. Mögen die Beiden lange zusammenbleiben und ein gemeinsamen schönes Leben haben.