366 Geschichten: Juli 07

366 Geschichten

Es ist nicht das erste Mal, dass ich verschlafe. Manchmal habe ich meinen Zug geschafft. Manchmal nicht. Ob ich ihn heute schaffe, obwohl ich erst sieben Uhr fünfzig aufstehe?

Normalerweise stehe ich kurz nach sieben auf. Ich gehe in die Küche. Ich schütte meine Cornflakes und die Milch in eine Schüssel. Dann frühstücke ich in Ruhe. Nachdem Frühstück gehe ich ins Bad. Ich dusche und putze mir die Zähne. Kurz nach sieben Uhr fünfzig verlasse ich die Wohnung. Kurz vor acht Uhr fahre ich mit meinem blauen Rad los. Acht Uhr fünfzehn bin ich am Bahnsteig.

Doch heute verschlief ich. Ich stand erst um sieben Uhr fünfzig auf. Alles musste schnell gehen. Den Zug wollte und konnte ich nicht verpassen. Nicht heute. Also lief ich schnell zum Kleiderschrank. Ich holte meine Sachen raus. Unterwäsche und mein Shirt. Ich nahm meine Hose und ging ins Bad. Das Frühstück musste heute ausfallen. Zum Cornflakesessen hatte ich keine Zeit. Wenn ich frühstücken würde, verpasse ich ganz sicher meinen Zug. Doch das durfte heute nicht sein.

Im Bad angekommen, legte ich meine Sachen auf den Boden. Ich entkleidete mich und stieg in die Dusche. Normal verbrachte ich bis zu zehn Minuten darin. Heute hatte ich keine Zeit. Heute blieb ich keine fünf Minuten darin. Als ich aus der Dusche kam, trocknete ich mich ab. Ich zog meine Unterwäsche und meine Hose an.

Nach dem Duschen putzte ich mir meine Zähne. Normalerweise dauerte dies inklusive Mund ausspülen rund vier Minuten. Diese Zeit hatte ich nicht. Heute ging alles schnell. Heute brauchte ich nur anderthalb Minuten. Kurz die Kauflächen schrubben. Kurz die Außen- und dann die Innenflächen. Schnell den Mund ausspülen und ich konnte mein Shirt anziehen.

Ich nahm meinen Schlafanzug und ging in mein Zimmer. Dort packte ich den Schlafanzug ins Bett. Ich nahm meinen Rucksack, schnappte meinen Schlüssel und verließ die Wohnung. Ich fuhr zum Bahnhof immer mit dem Rad. Mein Fahrrad stand im Keller. Dort ging ich hin. Ich schloss den Keller auf und holte das Fahrrad raus. Hinter mir verschloss ich den Keller. Ich trug das Fahrrad nach oben, öffnete die Haustür und ging hinaus.

Nun konnte ich losfahren. Eine Chance, meinen Zug zu bekommen, hatte ich. Sie war relativ gut. Ich musste mich nur beeilen. Ich durfte an keiner roten Ampel stehen oder zu mindestens nicht lange. Dann konnte ich meinen Zug schaffen.

Doch schon die erste Ampel zeigte Rot. Ich war der einzige, der die Straße überqueren wollte. Ich musste warten. Eine ganze geschlagene Minute. Erst dann bekam ich Grün. Erst dann konnte ich weiterfahren. Ich beschleunigte schnell. Ich gab Gas. Ich trat in die Pedalen, so schnell ich treten konnte.

Ich tritt wahrscheinlich zu schnell. Die nächste rote Ampel war meine. Wieder musste ich bremsen. Wieder einmal anhalten. Diesmal musste ich nur dreißig Sekunden warten, dann hatte ich Grün. Wieder beschleunigte ich so schnell wie ich konnte. Ich musste schnell den nachfolgenden Berg hinauf und hinunter.

Am Ende wartete wieder eine Ampel auf mich. Doch diesmal zeigte sie mir kein rotes Licht. Ich hatte Grün. Ich raste so schnell ich konnte. Die nächste Ampel konnte ich auch noch bei Grün erwischen. Und in der Tat, es gelang mir. Ich schaffte die vierte und letzte Ampel. Wenige Meter weiter stellte ich mein Fahrrad ab. Ich schloss es an und rannte zum Bahnhof. Als ich am Bahnsteig ankam, kam auch der Zug. Ich schaffte ihn und das obwohl ich heute verschlief. Ob mir dies beim nächsten Mal auch gelingt, wenn ich verschlafe?

Diese Geschichte ist auch als Buch und eBook verfügbar.