Kartenspiel II

Es war im Alter von acht Jahren, als er ein neunjähriges Mädchen kennenlernte. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als Sie achtmal außerhalb der Schule zu treffen, doch im Alter von zehn Jahren musste er seinen Traum schlussendlich begraben, weil Sie wegzog. Mehr als achthundert Kilometer weit weg, sollte sie von nun an wohnen.

Acht Jahre später sollten sich Ihre Wege wieder kreuzen. Doch zum Zuge kam er trotzdem nicht, denn Sie hatte einen zehn Jahre älteren Freund. Sein damaliger Traum blieb also weiterhin begraben.

Doch das war gar nicht mehr so schlimm. Als er mal wieder in einem Café einen Kaffee trank, und dazu ein Stück Kuchen nahm, sah er eine wundervolle Dame. Er sah Ihr an, dass Sie älter war. Geschätzte neun Jahre älter sollte Sie sein, doch Sie war so schön, dass er Sie ansprechen musste. Im Gespräch erfuhr er, dass Sie nur sieben Jahre älter war, als er.

Sie unterhielten sich im Café stundenlang. Gefühlt waren es zehn, in Wahrheit waren es acht weniger. Also nur zwei Stunden. Doch diese reichten völlig, um sein Herz rosenrot zu färben. Er konnte und wollte nicht von Ihr lassen, doch es zogen dunkle Wolken auf, denn die Dame musste plötzlich gehen. Er hatte kein As im Ärmel, um Sie zum Bleiben zu bewegen. Sollte er Sie wiedersehen? Sollte sein zweiter Wunsch wenigstens in Erfüllung gehen?

Er war fast täglich im Café, doch Sie tauchte eine Weile nicht auf. Sein Herz war unglücklich. Doch am siebenten Tag kreuzten sich endlich wieder die Wege der Beiden. Diesmal konnten Sie sich nur sieben Minuten unterhalten, ehe Sie gehen musste. Wieder einmal verschwand Sie und er wusste nicht, wann er Sie wiedersehen würde. Insgeheim wünschte er sich, ein echter König zu sein, denn dann müsste man seinen Wünschen Folge leisten. Dann würde diese wundervolle Dame nicht einfach so gehen können. Und selbst wenn Sie ginge, er könnte Ihr Diener hinterherschicken.

Doch er war kein König, und um sich von Ihr abzulenken, traf er sich mit Freunden und spielte MauMau. Beim Spiel hatte er viel Glück. Wenn Glück das Synonym für Pech wäre. Er musste mehrmals aussetzen. Entweder es war ein Pik As, ein Karo As oder ein Herz As. Gewinnen konnte er so nicht. Doch ein Spiel hat er gewonnen. Daran erinnert er sich – warum auch immer – bis heute. Die letzte Karte von ihm in diesem Spiel war ein Herz König.

Vielleicht lag es auch daran, dass es das letzte Spiel war, und er nach Hause ging. Auf dem Weg dorthin musste er zehnmal die Straße überqueren und achtmal an einer Ampel stehen. An der achten Ampel sah er Sie wieder. König und Dame kamen sich bei Grün näher und näher. Die Dame sah ihn an und auch er tat es. Bis Sie auf der jeweils gegenüberliegenden Straßenseite ankamen. Die Ampel zeigte Rot und so blieben Sie stehen, nachdem Beide sich um hundertachtzig Grad drehten. Als es wieder Grün war, gingen beide wieder über die Ampel, doch diesmal blieben sie auf der Mittelinsel stehen. Neun Minuten lang standen Sie dort und sahen sich an. Sein Wunsch, Sie wieder zusehen, wurde erhört und seine Dame hatte noch ein As im Ärmel, das sein Herz höher schlagen ließ.

Sie küsste ihn mehr als zehn Sekunden lang. Nach diesen zehn Sekunden war noch lange nicht Schluss. Es sollten noch mehr als acht lange Küsse auf der Mittelinsel folgen, ehe Sie den Wunsch verspürte nach Hause zu gehen. Sein Herz klopfte wie verrückt, denn Sie wollte mit Ihm nach Hause gehen.

Sein zweiter großer Wunsch, den er schon lange hatte, erfüllte sich nun. Die beiden wurden ein Paar und heirateten schon zehn Monate später. Sein Herz schlug so laut, dass man es selbst im Weltall hätte hören können. Die Beiden sahen keine dunklen Wolken am Himmel und schwebten fortan auf Wolke 7. Die Wolke 7 verließen Sie viele Jahre nicht. Daran änderte auch nichts, dass ihre Kinder oft stressig waren. Aber bei insgesamt sieben Kindern kann man verstehen, dass der Stress ab und zu zuschlug.

Auch wenn es ab und zu mal kriselte, Ihre Liebe blieb bestehen und Sie sahen immer noch durch eine rosarote Brille, als ob Sie sich gerade erst verliebt hätten. Doch zweimal musste Ihre Liebe pausieren, weil der Beruf Sie dazu zwang. Eines Tages musste Sie für einen Monat ins Ausland, etwas später er. Als er wieder nach Hause kam, hatte Sie eine neue Nachricht für ihn. Sie erwartete das achte Kind.

Wenige Wochen später musste Sie aber die Aussage korrigieren, denn Sie erwartete Zwillinge. Keine neun Monate später bekamen Sie eine kleine Tochter und einen Sohn. Der Sohn hatte sich aber im Krankenhaus eine Virus eingefangen, und musste erst einmal dort bleiben. Doch der Wunsch der Eltern, der Sohn solle schnell wieder gesund werden, wurde kurze Zeit später erhört, denn nur zehn Tage später war der Sohn wieder kerngesund und konnte mit nach Hause.

Weitere zehn Jahre später war der Sohn wieder einmal im Krankenhaus, weil er eine Lungenentzündung bekam. Diesmal musste er zehn Wochen im Krankenhaus bleiben, ehe er wieder gesund war und man ihn entlassen konnte.

Weitere acht Jahre später verstarb dann sein Vater, da sein Herz in der Nacht aufhörte, zu schlagen. Alle fühlten, dass im Herzen ein Loch entstand, doch alle – die neun Kinder und deren Mutter – lebten noch viele Jahre und dachten oft an den Vater.